07. Juli 2018

Landesvorstand

Schreiben an Frau Justizministerin Barbara Havliza bezüglich der besonderen Altersgrenze

Sehr geehrte Frau Ministerin,

 

zunächst möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Bemühungen, den Justizvollzug zu stärken, bedanken.

 

Aus Sicht des Verbandes ist es jedoch kein guter sondern ein fauler Kompromiss, welcher in Ihrer Pressemitteilung mitgeteilt wird.

Auf Grund der stetig zunehmenden Belastungen im Aufsichtsdienst auch durch eine veränderte Klientel, welche vermehrt psychische Auffälligkeiten zeigt, suchtmittelabhängig ist, gewalttätig gegenüber den Bediensteten auftritt und der Umgang mit radikalisierten Insassen, führt die Kolleginnen und Kollegen an die Belastungsgrenze. Dies mit einer Erhöhung der Vollzugszulage zu honorieren, wie sie der Verband seit vielen Jahren fordert, ist ein Weg in die richtige Richtung, wenn diese dann auch wieder ruhegehaltsfähig würde. Aber gleichzeitig die besondere Altersgrenze für die Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt zu erhöhen, ist eine Gegenfinanzierung der Erhöhung, sowie eine weitere Einsparmöglichkeit für den Haushalt, welche wieder einmal durch den Justizvollzug erbracht wird. Ein bisschen geben und viel nehmen, Frau Ministerin, trägt nicht zur Anerkennung und Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen für ihre anspruchsvolle Arbeit bei. Auch wenn das in Ihrer Pressemitteilung in schöne Worte verpackt wurde.

Für den Verband ist es nicht nachvollziehbar, dass ständig auf Einsparmöglichkeiten im Justizvollzug geachtet wird und nicht mehr der Mensch im Vordergrund steht, der 365 Tage im Jahr mit einer schwierigen Klientel arbeiten muss.

Die psychischen Belastungen hinterlassen immer deutlicher ihre Spuren. Bedienstete müssen sich in den Justizvollzugsanstalten vermehrt mit den Themen Kot, Blut, verschmutzten Hafträumen, Sicherung der Gefangenen bzw. Anwendung des unmittelbaren Zwanges auseinandersetzen.

Dies führt bereits dazu, dass die Krankentage steigen und viele Kolleginnen und Kollegen bereits jetzt schon die besondere Altersgrenze nicht mehr erreichen und vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden.

Wer einmal live einen Einsatz unter solchen Bedingungen mit allen dazu gehörigen Geräuschen und Gerüchen erlebt hat, würde nicht auf den Gedanken kommen, die Altersgrenze im Justizvollzug anzuheben. Davon sind wir überzeugt!

Im Rahmen der Nachwuchsgewinnung wird uns ein gutes Argument verloren gehen, um überhaupt noch ausreichend geeignetes Personal zu bekommen.

Auch haben mich die Worte des Herrn Staatssekretärs in unserem ersten Gespräch im Justizministerium sehr nachdenklich gemacht. Wie verlässlich sind die Aussagen der Politik in Niedersachsen überhaupt noch? Auf der Hauptvorstandssitzung des Verbands 2016 hatten alle anwesenden Abgeordneten aller Fraktionen im Niedersächsischen Landtag, sowie Ihre Vorgängerin die Aussage getätigt, dass in 2019 die Angleichung der Vollzugszulage kommen soll. Ohne eine Gegenfinanzierung. In unserem Gespräch sprach ich dieses an und war dann sehr erstaunt über die Aussage des Herrn Staatssekretärs, dass es jetzt doch eine neue Landesregierung gebe. Gelten Aussagen der Politik heute nur noch innerhalb der Legislaturperiode und nicht mehr darüber  hinaus?

Bei den in Ihrer Pressemitteilung erwähnten 150 zusätzlichen Stellen gehe ich davon aus, das es sich hierbei um die von Ihnen eingeforderte Angleichung des anerkannten Personalbedarfs zum Beschäftigungsvolumen handelt und nicht um zu ersetzende Altersabgänge in den nächsten Jahren. Hierbei fehlt die Aussage von Ihnen, ob es sich um durchstrukturierte Stellen handelt oder nur um die Wertigkeit nach A7.

Sehr geehrte Frau Ministerin, die Kolleginnen und Kollegen im Niedersächsischen Justizvollzug sind enttäuscht. Enttäuscht, weil wieder einmal mehr genommen wird als wir bekommen. Die Attraktivität in diesem Beruf wird so verloren gehen.

Wenn die Justiz und dazu gehört insbesondere der Justizvollzug, eine tragende Säule in unserem Rechtsstaat ist, so wie Sie in der Pressemitteilung schreiben, dann muss auch in den Justizvollzug investiert werden, damit er auch in den nächsten Jahren funktionsfähig bleibt!

Nur mit motivierten Kolleginnen und Kollegen können wir die im Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz festgeschriebenen Ziele erreichen.

Wir bitten Sie, den Justizvollzug zu stärken und nicht zu schwächen. Überdenken Sie Ihr Vorhaben in Bezug auf die Erhöhung der besonderen Altersgrenze. Ihr Vorhaben motiviert nicht sondern demotiviert die Kolleginnen und Kollegen.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Oelkers

Landesverbandsvorsitzender